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Insulinstacking

Insulinstacking: Korrigieren oder nicht korrigieren, das ist oft die Frage

„Insulinstacking“ liegt vor, wenn eine Person mit Typ-1-Diabetes mehrere Insulindosen in kurzer Zeit nacheinander einnimmt. Dann hat jede Dosis nicht ausreichend Zeit, um vollständig vom Körper aufgenommen und verwertet zu werden. Dies kann zu Hypoglykämien, d.h. Unterzuckerungen führen. Unterzuckerungen können nicht nur akut problematisch sein, sondern auch grundsätzlich den Diabetes durcheinander bringen.

Insulinstacking: Viel hilft nicht immer viel

Die Ursache für Insulinstacking liegt also in der unterschätzten Wirkdauer von Insulin. Die Dauer der Insulinwirkung bezieht sich auf die Zeit, in der das Insulin im Körper nach der Injektion aktiv bleibt. In dieser Zeit wird es in den Blutkreislauf aufgenommen und senkt den Blutzuckerspiegel.

Das kurzwirksame Insulin wirkt ab etwa 10-30 Minuten. Das bedeutet, dass es den Blutzuckerspiegel innerhalb von 10-30 Minuten nach der Injektion zu senken beginnt. Die Spitzenwirkung des schnell wirkenden Insulins tritt zwischen 30 Minuten und 3 Stunden nach der Injektion ein. Nach dem Peak beginnt die Wirkung des kurzwirksamen Insulins abzuflauen. Die Wirkungsdauer beträgt insgesamt etwa 3-6 Stunden. Der Beginn, der Peak und die Dauer der Wirkung von kurzwirksamen Insulinen hängt von verschiedenen Faktoren ab: Injektionsstelle und individuelle Stoffwechselrate, aber auch vom Insulintyp (siehe Blogeintrag zu schnellwirksamen Insulinen).

Der übliche Ablauf von Insulinstacking sieht so aus: Bei einem Überzucker gibt der Patient einen Korrekturbolus. Ein Blick auf das CGM nach einer halben Stunde zeigt keine echte Veränderung. Man wird unruhig und injiziert nach. Nach einer Stunde aber tritt erst das Wirkmaximum ein, die Korrekturboli addieren sich. Der Blutzucker rauscht ab in eine Hypo.

Datenplot bei Insulinstacking abdens zwischen 20 und 23 Uhr
Typischer Verlauf bei Insulinstacking: etwa um 21:30 Uhr gab es ein Hoch-Alarm. Der Patient gibt zweimal innerhalb kurzer Zeit Insulin. Nach 22 Uhr muss wiederholt mit Korrektur-BE der folgenden Hypo gegengesteuert werden (Quelle: GlucoFit Studie)

Wichtig für die Berechnung: Duration of Insulin Action

Hersteller bestimmen in Studien die Eigenschaften schnell wirkender Insuline. Diese erwecken oft den irreführenden Eindruck, dass die Insulinwirkzeiten im täglichen Leben zwischen 3 und 5 Stunden liegen. Denn diese Studien bestimmen die sogenannte Insulin-Action-Time (IAT). Diese Zeitspannen sind aber nicht geeignet, um den Zeitwert der Insulinwirkung bei Patienten messen. Das ist die Duration-of-Insulin-Action (DIA). Diese Zeitwerte sind aber zum Beispiel erforderlich, um eine genaue Bolusempfehlung von einem Bolusrechner zu erhalten.

Denn die Studien für Insulin werden mit gesunden Probanden durchgeführt. Nur so ist eine Vergleichbarkeit zwischen den Studienteilnehmern sichergestellt. Doch diese haben natürlich eine eigene Produktion von Basalinsulin. Diese regelt sich automatisch runter, wenn von außen Insulin gegeben wird. Das bedeutet, dass die Herstellerangaben zu Insulin-Action-Times nicht gleichzusetzen sind mit den Wirkdauern bei einem Patienten. Diese fallen länger aus.

Insulnwirkung: starker Anstieg und etwas langsamerer Abfall, Peak bei etwa 1 Stunde; IAT etwa 4 Stunden, DIA etwa 6 Stunden
Wirkung des Insulins und die unterschiedlichen Dauern IAT und DIA (Quelle:[1])

IOB – Insulin-on-board ist vor allem für Pennutzer oft eine Unbekannte

Insulin on Board (IOB) ist ein Begriff, der die Menge an Insulin beschreibt, die nach einer vorangegangenen Insulininjektion derzeit noch im Körper aktiv ist. Sie wird manchmal auch als „aktives Insulin“ bezeichnet.

Die Kenntnis der noch aktiven Insulinmenge hilft eine Über- oder Unterdosierung zu vermeiden. Dabei kann man die Menge des vorhandenen Insulins anhand bestimmter Formeln berechnen. Sie berücksichtigen die Faktoren wie die Art des Insulins, die Dosis und die seit der Injektion verstrichene Zeit. Viele Insulinpumpen berechnen diesen „Insulinvorrat“ automatisch mit. Pennutzer müssen hingegen sich bewusst einen Bolusrechner einsetzen. Dabei ist es wichtig, die persönlichen Therapieparameter der Bolusrechner richtig einzugeben. Eine Studie schätzt, dass mindestens 61% der in Pumpen integrierten Bolusrechner falsch konfiguriert sind[2].

Ein nicht kommerzieller, do-it-yourself von der Community erstellter Bolusrechner ist Nightscout. Dieser ist kostenlos, wenn man etwas Zeit investiert. Möchte man sich diese Arbeit sparen, kann man gegen eine kleine Gebühr auch von anderen den bereitgestellten Service nutzen. Wir haben das entsprechend der Anleitung in diesem Blog gemacht und bei hier eine Instanz angelegt für ca. €5 pro Monat. Die Handyapp ist kostenlos. Das Ganze sieht dann zum Beispiel so aus:

Anzeige des aktuellen Blutzuckerwertes und BZ-Verlauf. Hervorgehoben ist die Zahl des aktiven Insulins
Nightscout-App auf dem Handy mit vielen Infos: Auch noch aktives Insulin wird zeitaktuell berechnet, hier im Beispiel sind noch 5,45 Einheiten aktiv

FAZIT zu Insulinstacking

Wer häufiger in Hypo gerät, kann ein Problem mit Insulinstacking haben. Hier gibt es technologische Hilfe. Diese ist für Pumpennutzer bereits in den Geräten integriert, v.a. für Pen-Nutzer sind entsprechende Handyapps nützlich.

Quellen

[1] “Confusion Regarding Duration of Insulin Action: A Potential Source for Major Insulin Dose Errors by Bolus Calculators”, John Walsh, PA, CDTC1, Ruth Roberts, MA2, and Lutz Heinemann, PhD, Journal of Diabetes Science and Technology 2014, Vol. 8(1) 170–178

[2] „Bolus Advisors: Sources of Error, Targets for Improvement“, John Walsh, PA, CDTC1, Ruth Roberts, MA2, Timothy S. Bailey, MD, FACE, CDI3, and Lutz Heinemann, PhD, Journal of Diabetes Science and Technology 2018, Vol. 12(1) 190–198

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