Passt bei Typ-1 Diabetes die Einstellung der Basalrate nicht zum Bedarf, bricht beim Blutzuckermanagement schnell das Chaos aus. Man ist dann unentwegt dabei, nach unten zu korrigieren, um dann wegen Überkorrekturen wieder gegenzuessen. Und, obwohl man sich viel Mühe gibt, wundert man sich, was eigentlich los ist. Daher lohnt es sich, sich doch ein bisschen mit den Details zum Basalinsulin auseinanderzusetzen.
Schwankender Bedarf Basalinsulin: das Renner-Schema
Basalinsulin ist das Insulin, dass man bei Typ-1 Diabetes unabhängig von eingenommenen Mahlzeiten benötigt. Denn auch ohne Essen wird im Körper Glukose verarbeitet, wofür Insulin benötigt wird. Diese Glukose stammt üblicherweise aus körpereigenen Zuckerspeichern, die eben in kurzen Hungerzeiten, wie z.B. nachts, dann nach Bedarf kontinuierlich Zucker abgeben.
Der Bedarf an Basalinsulin schwankt aber über den Tag. Das hat nicht nur etwas mit schwankendem Zuckerbedarf zu tun, sondern vor allem auch damit, dass durch andere Hormone temporär die Insulinwirksamkeit abnimmt, und dann eben mehr benötigt wird. Beispielsweise wird morgens zum Aufstehen Cortisol ausgeschüttet, was die Insulinwirksamkeit reduziert. Daher steigt morgens der Insulinbedarf. Legt man kein Insulin nach, steigt der Blutzucker. Das ist dann das sogenannte Dawn-Phänomen. Im Übrigen gibt es einen ähnlichen Effekt am Nachmittag, das Dusk-Phänomen. Das wird allerdings häufiger durch Effekte vom Mittagessen überlagert, so dass man es leichter übersieht.
Der Bedarf an Basalinsulin wird üblicherweise durch das Renner-Schema abgebildet. Das ist natürlich nur eine Näherung, individuell sieht das immer etwas anders aus.
Mit diesem Rechner könnt Ihr die Basalrate entsprechend dem Renner-Schema berechnen. Ihr gebt da Eure Basal-Insulin-Gesamttagesdosis ein, und erhaltet dann die Verteilung.
Basalinsulin und Basalrate bei einer Insulinpumpe
Bei einer Pumpe lässt sich die Basalrate stundenweise feinjustieren. Das Renner-Schema bietet für die erste Einstellung einen Ansatz. Aber der persönliche Bedarf muss dann doch mit einem Basalratentest festgestellt werden. Das ist zwar etwas aufwendig, kann sich aber durchaus lohnen. Denn so kann man den Vorteil der Pumpe, alles zeitgenau einstellen zu können, auch wirklich nutzen.
Ein Quick-Check ist die Daumenregel, dass das Verhältnis von Gesamt-Basalinsulin zu Gesamt-Bolusinsulin an einem Tag 50%-50% betragen sollte. Das kann natürlich an einzelnen Tagen mal anders sein, aber wenn es systematisch in eine Richtung unausgeglichen ist, spricht das dafür, dass die Basalrate nicht passt.
Mithilfe von Loops wird das Finetuning der Basalrate wesentlich vereinfacht, bzw. es berichten Patienten, dass es vollständig wegfällt. Denn dann erkennt die Loop kleine Änderungen im Blutzucker und steuert dann gegen, die Basalrate dient dann lediglich als Orientierung. Da ohne Mahlzeiten die Blutzuckeränderungen üblicherweise klein sind, reicht dies, um in der Norm zu bleiben.
Wie macht man einen Basalratentest
Dabei wird phasenweise gefastet und auf Sport verzichtet, so dass die Blutzuckerkurve nicht weiter beeinflusst ist. Solch ein Zeitfenster dauert etwa 6 Stunden. Man sagt, dass etwa 3 bis 4 h die letzte Mahlzeit keinen Einfluss mehr hat. Man sollte als letzte Mahlzeit vorher aber FPE-arm gegessen haben, sonst kann das auch noch später den Blutzucker erhöhen. Also konkret sah dies bei mir so aus:
Ergibt sich dann beispielsweise eine stetig sinkende Gerade, ist zuviel Basalinsulin im Blut. Für Pen-Nutzer reicht es häufig schon, den Nachtverlauf sich anzuschauen und daraus auf den restlichen Tag zu schließen.
Da der Basalratentest sehr lästig ist, kann man, wenn man ordentlich alle Daten hat, aber auch so einschätzen, ob die Basalrate stimmt. Hierfür muss man notiert haben, wieviel KHs man wann gegessen hat und wann man wieviel Insulin genommen hat. Sieht man z.B. nachmittags lauter Korrekturboli, und stellt fest, dass der eigentliche Mahlzeitenbolus eigentlich hätte reichen müssen, muss die Basalrate zu niedrig sein. Solche Überlegungen kann man mit seinem Arzt oder Diabetesberater besprechen, um die Basalrate vorsichtig anzupassen.
Basalinsulin beim Pen
Als Pennutzer verwendet man als Basalinsulin ein Langzeitinsulin, d.h. ein Insulin, das sehr langsam über Stunden hinweg seine Wirkung entfaltet. Üblich sind zweimal täglich das Spritzen von Basalinsulin, inzwischen gibt es bereits Basalinsulin das über 24 h wirkt, und teilweise auch noch länger.
Der typische Wirkverlauf von den Langzeitinsulinen entspricht einem flachen Hügel. Das heißt nach ein paar Stunden wirkt es am stärksten und dann langsam wieder weniger. Übliche Einnahmezeitpunkte sind morgens und abends. Ich habe aber auch schon von Patienten gehört, dass sie die Einnahmezeitpunkte so anpassen, damit das Insulin-Wirkprofil passend ist zum Bedarf, wie es ungefähr das Renner-Schema anzeigt. Bleibt man bei den üblichen morgen-und-abend Einnahmen kommt es bei manchen Menschen mit Langzeitinsulin nachts zu Hypoglykämien. Ein Tipp ist hier, am Abend vor dem Schlafen einen Becher (Natur-)joghurt zu essen, oder sonst eine Eiweißreiche Mahlzeit. Die FPE führen zeitverzögert zu einem Blutzucker-Anstieg, was dann die etwas überschießende Wirkung des Langzeitinsulins ausgleicht.
Änderung der Dosierung von Basalinsulin
Es gibt einige Faktoren, die den Bedarf an Basalinsulin temporär verändert. Aktuell muss man dies auch den Loops mitteilen. Dazu gehören Krankheit, Sport (wirkt bis zu 24 h nach), dauerhaften Stress sowie hormonelle Veränderungen (z.B. Menstruation, aber auch bei Änderung des L-Thyroxin-Bedarfs bei Schilddrüsen-Patienten). Bei Pumpen gibt es die Möglichkeit, verschiedene Basalprofile anzulegen oder für maximal 24 h prozentual die Basalrate anzupassen. Analog können Pen-User die Dosis des Langzeitinsulins anpassen.
FAZIT
Scheint beim Blutzucker Chaos zu herrschen, auch trotz eines sorgfältigen Bolusmanagement, kann die Basalrate das Problem sein. Die Strategien, eine gute Basaleinstellung zu finden, unterscheidet sich bei Nutzern von Pumpen und Pens. Mithilfe von Pumpen mit AID-Systemen kann in Zukunft das Thema Basalinsulin in den Hintergrund treten.
Weitere Links
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-462010/basis-bolus-therapie-ueberpruefen/
Bei einem Basalratentest fängt mein Zuckerspiegel um 11.30 Uhr an zu steigen. Ab welcher Uhrzeit sollte ich meine Basaltate erhöhen?
Hallo Maja,
das hängt stark davon ab, wie schnell bei Dir Dein Insulin wirkt. Ich selbst verwende Humalog, habe ein relativ langsamen Wirkeintritt und erhöhe in solchen fällen ab zwei Stunden vorher, wobei ich mich vorsichtig rantaste. Das ist aber so individuell, und inzwischen gibt es ja auch die super-schnell wirkenden Insuline, wo das zu früh wäre. Am besten besprichst Du das mit Deiner Diabetesberaterin.